Heimat…eine unendliche Geschichte

 

von Epaminondas Kalpakidis
 

"Die Welt entdecken, beobachten, beobachten und nie genug davon bekommen, neue Orte, Meere, Menschen und Ideen, und alles zum ersten Mal, alles so sehen als wäre es das letzte Mal, mit einem langen Blick und dann mit einem Wimpernschlag zu fühlen, wie sich dieser Reichtum sanft in dir niederlässt und losstürmt, wie er will, bis diese Zeit das erlebte bewertet, und die besonderen Momente all deiner Freuden und Sorgen herausgefiltert werden, dieser Zauber des Herzens ist, denke ich, eine dem Menschen gleichwürdiger, großer Genuss", so Nikos Kazantzakis (griechischer Schriftsteller, 1883-1957)

Ein Auszug aus dem Buch “Spain – original Titel (Ταξιδεύοντας στην Ισπανία)“ der die gewaltige Kraft des geschriebenen Wortes zeigt, aber dazu später mehr…

Auf dem Kanal ´Arte´ gibt es die Sendung ´Streetphilosophy´ die ich jedem ans Herz lege. Man wird in eine besondere Atmosphäre versetzt, wenn über Themen wie Angst, Bildung, den Verlust, den Glauben, die Liebe und das Böse philosophiert wird. Künstler, Prostituierte, weise alte Männer, bewundernswerte Frauen, Obdachlose, Jung und Alt, kriminelle und Aussteiger, alle interpretieren und sprechen über diese Themen, bezogen auf Ihr eigenes Leben und Ihre Erfahrungen.

All dies sind Themen, über die wir wohl alle nachdenken und mit anderen Seelenverwandten oder auch Unbekannten sprechen. In einer dieser Sendung geht es um den Begriff ´Heimat´. Ein wichtiger Ort, oder ist es ein Gefühl?

Sie können sich vorstellen, dass es hier nicht darum geht wie das Lexikon den Begriff erklärt. Hier geht es um das Gefühl, das wir bekommen, wenn wir damit konfrontiert werden.
Wenn ich es geographisch betrachten würde müsste ich mich persönlich zwischen Deutschland, Griechenland, Pontos, Herbrechtingen und Stuttgart entscheiden.

Aber wieso sollte Heimat nicht Familie, Freunde, die kreative Einsamkeit oder die Kindheit sein? Wieso nicht die Musik, Poesie, der Glaube oder auch eine Reise?

"Die Heimat ist ja nie schöner, als wenn man in der Fremde von ihr spricht."
Horst Wolfram Geißler 

Ich habe als Einleitung diesen Text von Nikos Kazantzakis gewählt, da es meinem Verständnis von Heimat am nächsten kommt. Heimat ist für mich der Mikrokosmos, in dem ich mich wohl fühle. In dieser Welt spielt die Familie eine wichtige Rolle, aber auch ein gewaltiger mit Schnee bedeckter Berg, der Regentropfen der auf das Meer trifft, der Roadtrip und ein Whisky mit Freunden, der Sonnenaufgang auf dem Olymp, der Gedanke an die grünen Felder der Griechen aus Pontos und ein Schatten spendender Baum.

Wir alle plagen uns mit vielen Sorgen, Sorgen, die akut sind und Sorgen die eventuell kommen könnten. Wir können nicht entkommen, dieses Gefühlt will präsent sein, will uns plagen. Doch das Heimatgefühl, ob in einem Dorf, in einem Haus oder in einer Situation, in einem Moment, hilft uns zu vergessen…

 …zur unendlichen Geschichte

Reach the stars
Fly a fantasy
Dream a dream
And what you see will be
(Titelsong “Die unendliche Geschichte”)

Kann Fantasie eine Art Heimat sein?

Jedes Kind wäre wohl gerne Bastian, der kleine Junge, der nicht aufhören will zu Träumen und gemeinsam mit Atreju und dessen Pferd Artax versucht die kindliche Kaiserin und Fantasien zu retten. Verfilmt wurde Michael Manns Meisterwerk (Erstausgabe 1979), von Wolfgang Petersen im Jahr 1984.

Bastians Mutter ist verstorben und die stärkeren Kinder schlagen ihn dauernd, so führt ihn sein Schicksal in eine dunkle Bücherei, wo er “Die unendliche Geschichte“ für sich entdeckt, ein geheimnisvolles Buch. Eine Reise beginnt, die Ihm eine Heimat in seiner Fantasie öffnet und in der er mit Fuchur, dem Glücksdrachen, der einem Hund ähnelt, ein fantastisches Abenteuer in Fantasien erlebt.

Wieso sollte man jemanden vom Träumen abhalten….

Streetphilosophy

Ronja von “Streetphilosophy“ resümiert, dass egal wo die Heimat sich befindet oder wie man Heimat versteht, wichtig ist, dass man daran arbeitet, denn das Gefühl in uns darf nicht verblassen. Heimat ist etwas an das man sich festhält und dass man immer bei sich trägt, es ist das Gefühl in die Fremde zu gehen und doch verwurzelt zu sein, so wie Hamid der Teppichverkäufer.

Hamid ist auch Märchenerzähler. Er kommt aus dem Iran, hat den Krieg erlebt und die Welt 10 Jahre mit dem Fahrrad bereist. Wöchentlich gibt es in seinem Geschäft eine Märchenstunde wo der charismatische Künstler die Leute in seinen Bann zieht. Er sagt das Heimat ein Ort ist, in dem man (auf)gewachsen ist, es sind Gerüche, Farben und Empfindungen, es sind Menschen, mit denen man diese Gefühle teilt.

Es gibt nicht die eine Antwort auf die Frage “Was ist Heimat?“. Wir selbst entscheiden wo unsere Heimat ist und keiner hat uns hier etwas vorzuschreiben. Wichtig ist in einer Welt zu leben in der man sich seine Heimat selbst aussuchen kann.

…wie Alice im Wunderland

Aber das ist eine andere Geschichte….