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Meine Großvater Anestis
von Vasiliki Kalpakidou, der Enkelin
 
 
 
"Wollt ihr mich wirklich jetzt schon zum Augenarzt bringen?“ Anestis Papanikolaou aus dem Dorf Nikiforos bei Drama, war 90 Jahre alt, als er das gesagt hat. Auch mit 105 Jahren ist er derselbe humorvolle Mensch geblieben, bis zu seiner “Rückkehr“ in die Heimat, von der er immer nostalgisch sprach. Er wusste, dass er an seinem Todestag zurück in die Heimat gehen würde, dem Pontos. Mit seinen Gedanken war er stets dort. Als ich klein war, sagte er immer: „Eines Tages gehe ich in die Heimat, ich gehe zu dem Brunnen meines Vaters, ich werde nach meinen Brüdern suchen.“ Ich fragte mich immer von welcher Heimat er spricht, von Nikiforos, Drama oder von Griechenland? Aber wir sind doch hier!
 
Jetzt noch ein paar Informationen über meinen Opa: Er wurde 1904 geboren in Tsimeli, Pontos, meine Oma Eleftheria Papageorgiou traf er im Dorf Nikiforos und später heirateten sie. Heute haben sie, 6 Kinder, 15 Enkel, 16 Ur-Enkel und 9 Ur-Ur-Enkel. Er hat Νtaouli (Schlaginstrument) gespielt. Mit 18 kam er nach Griechenland und heiratete mit 23. Er hat die Vertreibung miterlebt und hat sich noch genau daran erinnert, bevor er vor 2 Jahren gestorben ist. Er sagte jedoch immer: „Mit den Türken waren wir wie Brüder“. Eigentlich war sein Nachname Papadopoulos, jedoch heißt er heute Papanikolaou, weil sein Vater Pfarrer (papas) war und er Nikolas hieß, witzig oder? Er hatte 7 Geschwister, 5 davon sind verschwunden. Amerikaner haben meinen Opa und seinen Bruder in ein Waisenhaus in Griechenland gebracht. Dort sprachen beide stets von Ihrer Schwester Maria, die vor ihnen nach Griechenland flüchtete. Die Schwester hat mitgekriegt, dass 2 Brüder auf der Suche nach ihrer Schwester waren, sie fand beide im Waisenhaus, ist das nicht unglaublich? Ich komme auf den Humor meines Opas zurück. Als sein Bruder mit 92 Jahren starb, sagte er: „Bruder, du warst noch zu jung, um zu sterben.“

Meine Oma singt heute, wenn sie allein ist, pontische und türkische Lieder. Nachts kann Sie nicht schlafen, sie steht auf, nimmt Stift und Block in die Hand und schreibt die Geschichte meines Opas auf, die Geschichte beides Zusammenleben, eine Geschichte die 82 Jahre Ehelebens, viel Trauer aber auch sehr viel Schönes beinhaltet.“

Die Enkelin, 12.03.2011