Herr Apostolos aus Sampsounta

Herr Apostolos aus Sampsounta
Ein Leben voller Abenteuer
 
Ioannis Papadopoulos und Genowefa Kalpakidou, Kinder von Epaminondas und Despina, Kechrokampos (Tarova), Griechenland
Auszug aus dem Buch "Kunst überlieferter Geschichte" 2011, OSEPE Jugend 
 
 
Geboren in Sampsounta ( Amisos ) in Pontos und aufgewachsen im Kaukasus hat Herr Apostolos den Machtwechsel in Rußland negativ eingeschätzt. Äußere Einflüsse oder auch die Liebe zu Vaterland Griechenland haben ihn eines Tages dazu verleitet folgendes seinem Vater zu sagen:
 
Wir müssen Russland Verlassen Vater, die Kommunisten machen Ernst, sie schließen und verbrennen Kirchen. Wie sollen wir ohne Heiligenbilder, ohne nichts mit diesen Menschen leben? Alle Familien werden voneinander getrennt. Wir gehen nach Griechenland. Nehmt was ihr könnt und wir machen uns auf den Weg.
 
Das qualvolle Abenteuer
 
Anfangs schien alles reibungslos zu laufen und alle glaubten dem Ziel sehr nah zu sein.
 
Dem war nicht so. Die Reise dauerte Monate an. Man kannte nur Meer und Himmel. Berghohe Wellen waren oft kurz davor das unter sich zu begraben. Mit einer trauernden Seele überquerte man das Schwarze Meer. Man hatte die Hoffnung verloren noch einen Tag ohne Leid zu erleben. Hungersnot machte sich breit. Läuse waren das Ergebnis von monatelangem aufeinanderliegen in dem engen Boot. Diejenigen die diese schweren Bedingungen aus Ihrem Alltag nicht kannten starben als erste. Das Meer füllte sich mit Leichen. Einige der Leichen wurden verbrannt um den Antrieb zu fördern, sagt uns Herr Apostolos den Tränen nah.
Endlich, der Bosporus, die Dardanellen waren überquert. und die Ägäis war nah. Die Hoffnung war zurück, man war auf griechischen Gewässern und das Vaterland Griechenland umarmte alle. Die Freude war unbeschreiblich, alle lagen sich in den Armen. Bald würde man auf griechischem Boden sein und ein Stück Brot zu sich nehmen können, Brot gab es auf der Fahrt kaum sonder nur eine Kelle Bohnensuppe pro Tag, wenn überhaupt.
 
Mit einer goldenen Münze hätte man eigentlich ein riesiges Anwesen erwerben können und nicht nur ein Paar Feigen zum essen, beschwert sich Herr Apostolos. Die goldenen Ohrringe seiner Frau hätte er ebenfalls nicht verkaufen müssen für etwas Maismehl. Die Reise auf der Ägäis ging weiter. Das Leid und die Ängste neigten sich dem Ende zu. Man würde sich endlich die Läuse vom Leib waschen und wie Menschen leben. Man würde sich ein Leben aufbauen…
Weit gefehlt! Das Leid ging weiter. Das Schiff erhielt den Befehl nach Makronisos zu fahren um alle in Quarantäne zu stecken. Was für eine Qual. Ganze 2 Monate auf dieser Felseninsel, was für eine Enttäuschung!
 
„Mein Gott, muss ich noch mehr Leid erleiden? Ich habe Frau, Kinder und Verwandte verloren.“ Sagt der unglückliche Herr Apostolos tief schluchzend. Makronisos und das Meer waren das Grab für ein Paar dieser Menschen.
 
Von dort nahm das Schiff Kurs auf Parga. Man fuhr an den Meeren Saronikos und Korinthiakos vorbei, also an den Buchten und Stränden dieser. Am Horizont sah man schon die Bergspitzen die Griechenland repräsentierten, so enterte man das Ionische Meer. Schließlich kamen sie in Parga an. Als man das Schiff mit dem Hab und Gut verließ schien die See wütend zu werden als ob sie sich nicht trennen wollte von den Menschen. Das Meer war einsam. Es wollte noch mehr arme und gepeinigte Menschen aufsaugen, so schien es mir, ich weiß nicht genau warum.
 
Der Kapitän kämpfte mit den Wellen. Das Schiff war kurz vorm zerschellen an den Felsen. Er entschloss sich wieder ins Meer zu drehen. Wer es geschafft hatte an Land zu gehen hatte Glück, der Kapitän hatte keine Gnade, dann auf dem Schiff blieben Ehemänner ohne ihre Frauen, Mütter ohne ihre Kinder, Kinder ohne Eltern, Ehefrauen ohne ihre Männer, Hab und Gut ohne Besitzer und gepeinigte Menschen ohne ihr Hab und Gut.
Nach einigen Tagen hatte ihre Odyssee ein Ende. Das Schiff legte irgendwo bei Ipiros an und lies die verhungernden Menschen an Land.
 
„Von den 10 Menschen die wir waren, hat die Hälfte überlebt. Von den 9500 die auf die Schiffe gingen mit viel Hoffnung sind etwa 500 geblieben.“ Sagt Herr Apostolos und weint.
 
Was jetzt? Das gleiche Leid, überall. Einsamkeit, Trockenheit, Armut, Leid! Etwas Geld ist geblieben. Hungersnot bei allen. Keine Arbeit. Keine Staat, nirgends. Die Nahrung bestand aus wilden Gräsern, morgen und abends um überhaupt aufrecht stehen zu können. Herr Apostolos wurde zum Bettler, Arbeiter und zu allem anderen auch um seine übrig geblieben Familie zu ernähren.
  • Ich gehe nach Russland, Vater!
  • Was sagst du da mein Sohn?
  • Hier werden wir sterben!
 
Die Rückkehr
 
Der sture Herr Apostolos, machte sich also auf den Weg zurück nach Russland.
 
„ Herr meine Freund, ich will nach Russland, wie komm ich da hin?“
„Nach Russland? Ab und zu fährt ein Geschäftsmann hin, Mit ihm zusammen könntest du gehen, Er fährt nach Preveza um Vieh zu verkaufen.“
 
Obwohl Herr Apostolos, halb verhungert, kaum laufen konnte, konnte er den Geschäftsmann mit letzter Kraft, mit letztem Willen und mit seinem unbändigem Willen und seiner Stärke erreichen. Zusammen fuhren sie also nach Preveza. Der Geschäftsmann stellte ihn an da er sehr eifrig und gut war, er nahm ihn abermals mit um in Athen Kälber und Schafe zu verkaufen.
 
Die beiden starteten also mit der Herde nach Preveza. Diebe entwendeten viele der Tier ohne dass die beiden was tun konnten.
Von Preveza aus legte man also in Athen an und wickelte das Geschäft mit dem Vieh ab. Mit dem Geld das der Geschäftsmann Herr Apostolos gab, kaufte er sich Kleidung und Schuhe sowie ein Zugticket nach Drama. Dort kam er schließlich an. Jedoch schaffte er es nicht nach Russland da die Hitze ihn zur Ohnmacht brachte und auf der Straße liegen ließ. Er hatte kaum Kraft sich zu bewegen, er verdurstete und schrie: „Wasser, Wasser, Wasser!“
 
Das gute Schicksal
 
Das Schicksal meinte es jedoch ab und zu gut mit Herrn Apostolos. Wie in diesem Moment. Ein guter Mensch hat ihn gefunden und hat ihn ins Krankenhaus gebracht. Ein starker Junger Mann also, nahm den Kampf mit dem Tod auf und er besiegte den Tod schließlich.
 
„ Nach 22 Tagen verließ ich das Krankenhaus. Ich bin Richtung Stadtmitte gelaufen und habe von der Ferne einen gedeckten Tisch gesehen wo man Fleisch gegessen und Wein getrunken hat.“ An diesem Tisch saß ein Mann mit dem er das wenig Brot das Herr Apostolos hatte auf dem Zug nach Athen geteilt hat. Dieser Mann lud ihn eine mitzuessen und so konnte er nicht nur den Hunger und den Tod sondern auch das Unglück besiegen
 
Er war nun ein Sieger, genauso wie die 1,5 Millionen Griechen Kleinasiens die aus ihrer Heimat entwurzelt wurden. Durch Ihren Kampf und Überlebenswillen haben sie die Armut überwunden zusammen mit den einheimischen Griechen. So hat das Ansehen Griechenlands im Ausland einen positiven Einfluss. Der Glaube an Gotte und die Heimat war ihr ständiger Begleiter. Trotz aller negativen Behandlung haben sie es Geschafft neue Familien zu gründen und sich etwas aufzubauen.
 
Herr Apostolos ist als Feldwächter viel rumgekommen und hat die schönen Berge und alle anderen Naturschönenheiten Griechenlands kennengelernt. Er hat auch an der Front gegen die Bulgaren und die anderen Feinde gekämpft.
 
Erwachen
 
In der ganzen Grausamkeit des Krieges, des Alltages die einen wir betrunken, wie hypnotisiert wirken lassen, ist ihm etwas eingefallen. Er hat ganz vergessen dass er seine Eltern in einem Dorf in Ipiros zurückgelassen hatte. Die Eltern haben auf ein Lebenszeichen gewartet, welches aber nie kam. Man hat sich schließlich mit seinem Tod abgefunden. Man hat regelmäßig in der Kirche an ihn gedacht und Klagelieder gesungen.
 
Das alles bis zu dem Tag an dem er alle Kraft zusammengenommen hat und nur noch an seine armen Eltern dachte. Er sendet ihnen seine ersten Ersparnisse (1000 Drachmen ) und ruft sie zu sich. Diese freudige Nachricht hat sie fast umgebracht. Der verlorene Sohn lebt, es ist wahr, er ist nicht Tod. Die ganzen Trauerfeiern waren Gott sei Dank umsonst. Jetzt lebte man schließlich glücklich miteinander.
 
Herr Apostolos heiratete wieder, seine Frau Kerasa. Sie bekamen 5 Kinder, 12 Enkel und aus Herrn Apostolos ist ein Ehrenwerter Mann geworden in seinem Dorf Kechrokampos (Tarowa) bei Kavala. Er war auch ein Vorbild mit dem Gewähr, so verschaffte er sich bei Freund und Feind Respekt.
Sogar die Wildtiere flohen sobald er sich mit seinem Gewähr auf die Jagd machte. Berge und Schluchten erzitterten von seinen Schüssen. Die Wildschweine die er erlegt hat waren mehr als die Haare auf seinem Kopf. Hirsche, Hasen, Wölfe und Bären sowie viele andere Wildtiere   wurden zu seinen Opfern.
Und jetzt wo er 95 Jahre alt ist, sagt ihm sein Herz:
 
„Kleine Tiere kann ich noch erlegen. Die großen nicht mehr. Meine Beine hören nicht mehr auf mich und ich kann nicht mehr auf die Berge. Wenn eines der Wildschweine jedoch in mein Maisfeld kommt, zieh ich ihm das Fell über die Ohren.“ Sagt Herr Apostolos und weint.
Herr Apostolos starb 1986, er musste vor seinem Tod jedoch den Tod seines gleichnamigen Enkels miterleben.
 
In Gedenken an unseren Opa, Apostolos Paulidis aus Kexrokampos Kavalas